Vor kurzem wollte ich ein paar meiner älteren Youtube-Videos für etwas Schwelgerei zu Gemüte führen. Da fällt plötzlich auf, dass zahlreiche meiner mühevoll geschnittenen Videos von Youtube stumm geschalten wurden. Nicht etwa, weil ich irgendeine nicht lizenzierte Musik verwendet hätte. Nein. Weil es sich um Musik handelt, die Youtube da eingebaut hat – und für die Youtube jetzt scheinbar die Lizenz fehlt.
Wie das geht?
Ich habe viele meiner Videos im Youtube-Editor geschnitten. Das ist ein Online-Editing Tool von Youtube. Der Vorteil: Man hat keine Renderzeit (denn das übernimmt Youtube dann mit seinen Servern) und man kann aus einer großen Bandbreite an kostenlosen Musikstücken auswählen, die man zur Vertonung legal verwenden darf. Youtube kümmert sich um die Lizenzierung. Außerdem gibt’s Spielereien wie Stabilisierungs- und Vignettenfilter, die auf meiner Gurke nie ordentlich rendern würden.
Der Nachteil: Das Schneiden auf Musik ist online eine Hölle, denn ein frame-genaues Schneiden ist unmöglich. Am Anfang konnten Clips überhaupt nicht gekürzt werden, mittlerweile ist es zwar möglich, aber man muss im Prinzip während ein Youtube-Video läuft die Marker setzen und sich dafür das Video tausend Mal ansehen, damit es ungefähr passt. Da ich darin irgendwann gut Übung hatte, war es als Preis okay, weil man sich eben um das leidigste Thema beim Schnitt -die teuren Musiklizenzen- keine Gedanken mehr machen brauchte.
Nun haben es sich einige Lizenzgeber wohl anders überlegt und Youtube scheinbar Lizenzen entzogen. Daraufhin hat Youtube wohl kommentarlos begonnen, Videos, die mit dem Editor erstellt wurden und diese Musikstücke beinhalteten, einfach stumm zu schalten, um dem Problem zu entgehen. Das wäre ja auch noch vertretbar, wenn man beim Schnitt auf diese Problematik hingewiesen würde. Tatsächlich verliert Youtube dabei kein Wort darüber sondern preist die Musik-Funktion noch großspurig als Profi-Feature an. Man könnte ja zumindest den Nutzer vorwarnen und ihm sagen, dass das Video demnächst stumm geschaltet würde – damit man es sich wenigstens vorher noch lokal sichert. Aber auch hier: Fehlanzeige.
Wer also ein weiteres Beispiel gegen Cloud-Lösungen sucht: Hier ist eins. Meiner Meinung nach tritt Youtube die Rechte, die bei der Erstellung des Videos unter validen Lizenzen entstanden sind, mit Füßen. Zahlreiche meiner Videos scheinen auf nimmer wiedersehen verloren, den hin und wieder hab ich Depp tatsächlich zu lange gebraucht, mir lokale Backups zu ziehen. Dummerweise mache ich das nur quartalsweise. Bei den häufig geguckten Bergvideos ist das jetzt untern anderem z.B. bei diesen Titeln passiert:
- Rodeln am Pürschling 2013
- Die Tour um den Jenner in Berchtesgaden
- Tour um den Taubenstein
- Auf Buch- und Thierberg
- Rodeln vom Hirschberg
- u.a.
Zahlreiche weitere sind betroffen. Das Schlimme daran: Nicht nur das nicht lizenzierte Stück ist betroffen. Youtube fadet einfach ab dem Zeitpunkt wo das bestrittene Lied beginnt komplett aus – und fadet auch nicht mehr ein. Selbst der O-Ton wird einfach weggeblendet. Videos von bis zu 20 Minuten Länge sind wegen eines mit Youtube-Editor eingefügten 30-Sekunden-Stücks plötzlich tot. Da stellen sich doch zwangsweise einige Fragen:
- Warum speichert sich Youtube nicht wenigstens die O-Ton-Spur, damit nur das Lied stumm geschalten wird, und nicht das komplette Video? Denn der Fade-Out ins nächste Lied ist sauber, bei der AudioSwap-Funktion geht das auch – genauso wie bei einigen Render-Effekten! Nur ist hier das Lizenzproblem gleich 0.
- Warum warnt Youtube nicht vor dem Problem? Fragen im Youtube-Forum wurden nur mit Achselzucken beantwortet.
- Warum gibt es keine Privatkopie-Möglichkeit? Viele Videos sind damit einfach verschwunden, denn gerade Naturaufnahmen, die mühevoll auf Musiktakt geschnitten sind, sind stumm faktisch wertlos. Youtube sollte zumindest privat ein MP4-Backup für solche Fälle vorhalten.
- Warum nimmt Youtube überhaupt Lieder ins Portfolio für Videoschnitt(!) auf, wenn die Lizenzen teilweise weniger als ein paar Wochen gelten und danach alle Videos mit diesem Song kaputt gemacht werden? Mein Video von der Jenner-Wanderung vom Juli war im September bereits hinüber!
Man kann zum Glück sagen, dass ich die meisten meiner Filme weiterhin unter Creative-Commons-Lizenzen schneide, die nicht revoked werden dürfen. Aber auch da hab ich meine Probleme. Aktuell laufen bei Youtube duzende Urheberrechtsverletzungen gegen mich, weil Distributoren der Meinung sind, jetzt die Rechte an einem CC-Künstler zu haben. Natürlich erhebe ich gegen alle Einspruch – allerdings geht das häufig so weit, dass ich die Künstler selbst anmailen und sie mit dem jetzigen Copyright-Inhaber verbinden muss, damit die ihnen erklären, dass diese Songs tatsächlich unter CC lizenziert wurden. Himmel, manche wissen nicht mal was CC ist!