Call-In-Betrug? Medienwächter prüfen 9Live-Video Am Mittwoch berichtete DWDL.de über den im Internet aufgetauchten Mitschnitt einer 9Live-Sendung, der möglicherweise den Betrug bei ‚Hot Button‘-Spielen belegt. Inzwischen prüfen Medienwächter von mehreren Seiten das Video. 9Live dementiert die Vorwürfe und mauert bei Nachfragen. ‚Die Aussage der Moderatorin hat keine Relevanz für den technischen und inhaltlichen Verlauf der Sendung‘, sagt 9Live-Sprecherin Sylke Zeidler zum im Internet aufgetauchten Videoclip mit Moderatorin Alida Lauenstein und will damit jeden Vorwurf eines Betrugs entkräftet haben. Aus Sicht des Anrufsenders ist die Angelegenheit damit beendet. Dabei hat dieses Thema eine zu lange Geschichte, die sich sicher auch noch fortsetzen wird. In diversen Internetforen und Blogs wird schon seit langem über teils nur bedenkliche, teil sehr fragwürdige Methoden von 9Live und Wettbewerbern diskutiert. In der vergangenen Woche griff auch das ARD-Magazin ‚Plusminus‘ in seiner Sendung am 8. Mai das Thema auf und präsentierte zwei ehemalige Mitarbeiter des Senders 9Live, die schwere Vorwürfe erhoben. Einer davon scheint sich mit dem im Internet aufgetauchten Mitschnitt einer 9Live-Sendung vom vergangenen Sonntag zu bestätigen. (ganzen Bericht lesen (inkl. Video) Seitdem nach dem Plusminus-Beitrag auch noch dieses Video aufgetaucht ist, scheint sich dwdl.de (und einige andere branchenspezifische Seiten) auf eine richtige Bericht-Bombadierung in Sachen 9-Live-Betrug einzustellen. Etwas erstaunt war ich schon, als einige Leute bei dwdl.de oder im Call-In-TV Forum das plötzlich als den Beweis sahen, dass die Moderatoren tatsächlich über die Anzahl der eingehenden Anrufer informiert seien – ja, sogar einen Kontrollmonitor hätten und danach entscheiden könnten, wie sie ihre Sendung aufziehen und gleichzeitig (mit Hilfe des Redakteurs) wann sie einen Anrufer in die Leitung lassen. Äh, ist das jetzt so neu? Kann sich von Euch (MuK-Studenten) noch jemand an eines der ersten ‚Interactive Applications‘-Seminare erinnern, wo wir das auch mal durchgesprochen haben? Ich kann mich eigentlich noch ziemlich genau erinnern, dass von unserem Dozenten bestätigt wurde, dass jeder Moderator einen Kontrollmonitor hat. Ich kann mich auch noch erinnern, dass damals erwähnt wurde, dass die Moderatoren der ersten Stunde am Gewinn beteiligt waren und manchmal mit (Zitat) ‚Tausend Euro‘ nach Hause gegangen sind. Wie gut ihre aktuelle ‚Show‘ die Zuschauer anzieht konnte sich an Hand dieses Kontrollmonitors überprüfen und ihr Konzept entsprechend ändern oder beibehalten. Hab ich das jetzt nur geträumt? Was ich damit sagen will ist: Die Sachen sind bekannt, werden öffentlich besprochen (eben auch an öffentlichen Unis, in im Prinzip öffentlichen Seminar, und zwar auch von Leuten, die dort wirklich gearbeitet haben, es also wissen müssen), bestimmt ist die Sache auch den LMAs in einem gewissen Umfang bekannt. Von daher zweifle ich noch daran, dass diese Panne irgendetwas an der Situation ändern wird. Was ist von daher daran so gewaltig neu? Wenn wirklich jemand in dieser Hinsicht gegen 9Live vorgehen wollte, müsste man eigentlich nur einige der ehemaligen Mitarbeiter vor den Kadi ziehen (davon gäb`s genug). Dass das keiner macht zeigt mir eher, dass es juristisch einfach wenig Erfolg verspricht, sonst würden die Leute nicht nur bei PlusMinus auspacken. Mich wundert es von daher ein wenig, dass man das jetzt so als Erfolg feiert. 9live hat IMHO schon viel schlimmere Pannen überwunden. Die sind relativ etabliert. Bevor die dicht machen, ändern die zur Not ihr System immer wieder mal etwas ab und die LMA wird immer wieder mal ein Auge zudrücken. Ich denke auch, die LMA wird hier nur mit genug politischen (unwahrscheinlich) oder gesellschaftlichen (wahrscheinlich) Druck agieren. Man darf nicht vergessen: Die Lobbyarbeit, die im Vorfeld hier in Deutschland für Call-In-Services betrieben wurde war einfach enorm. Ich sehe eigentlich nur die Chance, dass der gesellschaftliche Aufschrei irgendwann so groß wird, dass 9live massive Verluste einfahren wird (tun sie denke ich eh schon verglichen zum Anfang) und/oder die Staatsanwälte/Verbraucherzentralen sich genötigt sehen, alles aufzufahren was sie haben. Noch glaub ich da aber eigentlich nicht dran. Andererseits: Nachrichtenwellen können hoch schlagen: Dass PlusMinus eben noch einen Bericht gebracht hat und gerade ein paar Tage später diese Panne passiert eignet sich natürlich perfekt für so eine Welle. Ich behaupte: Nur deswegen wird momentan überhaupt darüber berichtet – die Presse riecht die Möglichkeit der Welle und baut darauf auf. Die Frage ist nur, wie lange diese Welle am Leben gehalten werden kann und ob neben dwdl und PlusMinus auch andere auf den Zug aufspringen. Dann hat man ne Chance, dass die eigentliche Praxis über einen längeren Zeitraum wachgehalten wird und sich vielleicht irgendwann ein organisierter gesellschaftlicher Widerstand dagegen regt. Sollte es jetzt wirklich soweit sein? Reicht dieses ‚aus-Versehen-On-Air-die-Warheit-sagen‘ echt aus? Nach all den verpassten Chancen der letzten Jahre? Also ich hoff´s, aber ich glaub´s irgendwie nicht. Andererseits: Hat nicht R.P.M. mal irgendwann im Seminar gesagt: ‚Irgendwann wird’s wohl auch hier verboten. Irgendwann schon.‘ 😀