Dieter Hanitzsch hatte nach dem Eurovision Song Contest, den Israel gewann, eine Karikatur in der SZ von Benjamin Netanjahu veröffentlicht, der sich -mit der Rakete in der Hand- mit dem Sieg der Sängerin brüstete. Eine wie ich finde, vollkommen legitime Darstellung, zumal der ESC in den letzten Jahren zu einer enorm politischen Veranstaltung „verkam“ – da kann man diesen Bezug durchaus herstellen, zumal das Siegerlied sich für Toleranz und Anerkennung aller Menschen einsetzt, was bei der harten israelischen Außenpolitik natürlich ein hervorragendes Spannungsfeld für so eine Darstellung aufmacht.
Unmittelbar danach stellt die SZ die Arbeit mit Hanitzsch ein, feuert ihn im Prinzip. Historiker Götz Aly hält Hanitzsch seitdem außerdem für einen verborgenen Antisemiten – ein gewaltiges, vernichtendes Urteil, dass ich schon gerne eindeutig belegt hätte. Gesehen habe ich dazu nichts.
Ehrlich gesagt schockt mich die Tatsache, dass mit der Antisemitismus-Keule gepaart mit Public Shaming ganze Karrieren zerstört werden können, viel mehr als das, was dieses einzelne Bild ohne so eine Debatte jemals auslösen könnte. Wenn jemand denkt, dass Hanitzsch irgendwas Nazi-propagandamäßiges entwickelt hätte, der übersieht völlig, dass der öffentliche Pranger, an den man ihn nun stellt, viel mehr den hysterieheischenden Methoden des Dritten Reiches entspricht, als die sachliche, freie Diskussion über Politik im Rahmen demokratischer Meinungs- und Kunstfreiheit.
Ich bin immer noch ein bisschen fassungslos und empfehle diesen zusammenfassenden Video-Beitrag (anklicken):