Wenn ich branchenfremden Leuten versuche zu erklären, wie das Games-Business so tickt, gerate ich immer wieder ins Stocken.
Ohne Zweifel ist dieses Segment gleich in mehreren Bereichen ziemlich verrückt und wenn ich dann in die irritierten oder ungläubigen Augen meiner Zuhörer blicke, realisiere ich sofort, dass die einfach völlig anders arbeiten, über Arbeit denken und andere Arbeitsschwerpunkte haben wie ich. Und dass ein einzelner Abend nicht mal ansatzweise ausreichen wird, den Leuten die Business-Entscheidungen, die wir hier jeden Tag treffen (müssen), verständlich zu machen. Ich rede hier nicht von Gaming, sondern schon wirklich davon, wie das hinter den Kulissen funktioniert – ein schrecklich uneinheitliches Etwas von hoch-sophisticated und gleichzeitig wieder so unfassbar unstrukturiert und unprofessionell, auf Businessmodellen basierend, die hinten und vorne nicht funktionieren (wo sich jeder BWLer meist nur entsetzt an den Kopf fasst), eine Brache mit Tricksereien, mit denen sich nahezu alle mittelständischen Firmen über Wasser halten müssen, die äußerst nahe an der (Il)Legalität vorbeischrammen, völlig hinrissige Arbeitszeiten und Projektplanungen, die in der Regel ein Bruchteil der Kosten und manchmal gefühlte Hundertstel der Zeiten anderer Branchen in Anspruch nehmen, Veränderungen der Geschäftsverhältnisse auf täglicher Basis und über all dem das Damoklesschwert eines der riskantesten und gleichzeitig bei Erfolg trotzdem ziemlich mies rentierenden Marktes.
Irgendwie fand ich da diesen Beitrag passend, der das Ganze ein wenig verkörpert. Viele widersprüchliche Meinungen, die trotzdem alle stimmen können – oder auch nicht. Menschen mit wenig Motivation, an dem Markt überhaupt weiter zu partizipieren – oder eben gerade doch deswegen… Aber bei einem sind sich alle einig: Das Arbeiten hier ist hart und die Risiken enorm: „Odds of having a successful game is like playing Roulette“, heißt es im Video. Right. Kein Wunder, dass ich bei Games-Entwicklern, aber auch bei Games-Publishern praktisch nie Familien oder gar Familien mit Kindern erblicke (zumindest nicht mit gewollten). Es geht schlicht und ergreifend nicht.
Ob mich das stört? Gar nicht. Gar nicht mehr.
Wenn man irgendwann gelernt hat, sich im Sturm treiben zu lassen anstatt dagegen zu paddeln, macht das Achterbahnfahren irgendwann direkt Spaß. Dann schau ich auch gern den Leuten am Strand zu, wie sie mich mit großen Augen anstarren, wenn ich sie wild im Taifun herumwirbelnd heraus wie ein Wahnsinniger anlache, auch wenn ich da nur mit ein paar wenig anderen Wahnsinnigen mein Schicksal teile.
Brints wunderbar auf den punkt 🙂 auf zum taifun surfen! (oder kiten… 🙂 )
Der übermächtig mitreißende Sturm hat m. E. eine Ursache, und das ist der Blickwinkel. Der erwähnte Blickwinkel wandelt sich komplett, wenn man mit dem eigenen Betrieb und/oder freiberuflichen Aktivitäten Erfolg haben MUSS, um zu überleben und zu reüssieren- das heißt: im Wettbewerb bestehen. Es stellt sich heraus, daß die erfolgreiche Seite der Spielebranche genau die gleichen Mechanismen verinnerlicht hat wie die anderen Medienbranchen, und daß die Probleme auf genau die gleiche Art und Weise gelöst werden können: mit neuen eigenen Ideen,mit erfolgsorientierter Strategie, und unter Zuhilfenahme der traditionellen Wege. Das ist nicht Party, klar. Aber wenn das Ziel definiert ist und steht, dann führt auch ein Weg dorthin. Jeder Versuch,das Risiko auf Dritte zu übertragen, führt zur Entfremdung vom Weg zum Markterfolg und zur Unfreiheit. Das ist das ureigenste Prinzip der Traumfabrik, und da gehören die Games mehr als jedes andere Medium hin, denn sie schaffen von allen Medien die perfektesten Illusionen- für den Consumer. Für den Macher, den Spieler auf der Macher Seite, sind Illusionen Gift, denn er spielt um sein Leben. So gesehen bedeutet „hang on to your dream“ eben nicht übersetzt:“ Träum weiter“, sondern es bedeutet: Bring die Consumer zum Träumen, fasziniere sie, unterhalte sie, dann erfüllen sie Dir deinen eigenen Traum. Man kann hier Ridley Scott in Gestalt des alten Proximo zitieren: Gewinne die Masse. Und natürlich heißt das auch, daß wir in einiger Hinsicht Sklaven des Metiers sind, auf die Richtung des Daumens schauen und mit ziemlicher Sicherheit in der Arena abkratzen. Das ist es wert.