Dem Altersdurchschnitt des Kinopublikums zu urteilen, müssten die kostenlosen Freitickets der heutigen Vorpremiere zu Ralph Reichts wohl bei der Brigitte, Funk Uhr oder Super-Illu verlost worden sein. Tatsächlich war es am Ende dann wohl doch der Jahreszeiten-Verlag. Egal. Ich habe zwei der begehrten Tickets erhalten.
Die geschätzt 60-jährigen Personen um mich herum haben zum Teil zu Beginn den Film verlassen, danach war es erfreulich gemütlich im Kino. Die Anspielungsdichte ist erwartungsgemäß enorm. Ich würde sagen, dass der Film auch noch funktioniert, wenn man kein großer Gamer ist, auch wenn einige Personen im Kino sichtlich Probleme mit dem Verständnis der Kultur hatten und mit Begriffen wie „Ego-Shooter“ nicht so viel anfangen konnten. Am Ende gab es neben mir noch 3 oder 4 Applaudierer, die waren doch recht jugendlich.
Inhalt dürfte bekannt sein. Ich bezeichne ihn gerne als „Die Einsteiger – Games Edition“. Damit ist die Idee, die ich seit Jahren als Adventurespiel umsetzen möchte, nun endlich in einem Film aufgetaucht: Game-Character reist durch die verschiedenen Spiel-Genres und findet dabei zu sich selbst.
Was bleibt mir nun zum Film zu sagen?
… dass Disney Animation endlich auf einer Schiene mit Pixar genannt werden kann?
… dass Lassetter einfach immer ein Garant für Geschichten mit Herz, Sinn, Verstand und Zeitgeist ist?
… dass es ein Game-Character-lizenztechnisches Meisterwerk ist und am Ende Namen wie Nintendo, SEGA, Capcom oder Namco im Abspann auftauchen?
… dass es das vermutlich beste Product-Placement aller Zeiten für mindestens OREO und Nesquick beinhaltet?
… dass die euphorischen Reviews schlicht und ergreifend recht haben?
… dass auch die deutsche Firma Reality Twist mit einem zentralen Spielbestandteil im Film vertreten ist (wie und was, wird nicht verraten!)?
… dass Disney Animations seit Jahren mal wieder einen brauchbaren Kurzfilm entwickelt hat (im Vorprogramm)?
… sagte ich schon mal was von Characters? [Spoiler – Markieren zum sehen!] Sonic! Tails! Q-bert!! Mario-Pilze!! Bowser!! M. Bison!!! Paperboy! Frogger! Tapper!!! Joust! Diablo!!! THE EYE OF THE BEHOLDER!!!!!! WAAAAH! [/Spoiler]
… dass am Ende der Großteil des Kinopublikums völlig Mainstream-Cinemaxx-untypisch das Kino beim Abspann nicht verlassen wollte (lohnt sich auch!) und am Ende sich die Massen um den vorher verlassenen Fix-it-Felix-Spielkasten im Foyer prügelten?
… dass ich den deutschen Titel trotzdem unpassend finde (und erwartungsgemäß nicht alle Wortwitze gerettet werden konnten)?
… dass die Macher bis hin zur gewählten Schriftart für den Abspann ein unfassbar korrektes Gespür für das Setting bewiesen haben?
… 8-bit Soundtrack!!
… dass es die vermutlich schönste, realitätsnaheste, herzerwärmendste Liebeserklärung an Retro-Gaming ist, die die Welt bis heute gesehen hat und das Ganze auch noch als Spielgenre-übergreifende Parabel für Toleranz und Menschlichkeit portraitiert wird!
Eines muss klar sein: Nach dem Milo-&-Mars-Deasaster vom letzten Jahr kehrt Disney zu seinem Kitsch-Rezept zurück und man muss sich auf ein wenig Schmalz (Owl-City-Soundtrack inklusive) einlassen. Was dann aber über die Hintertüre unterschwellig mit viel Humor und Augenzwinkern mitgeliefert wird, rechtfertigt für Arcade-Fans jede einzelne Sekunde des Films. PRESS START and GO SEE!
Mann, hört sich super an!
Schönes Review. 🙂 Haben sie den Nesquick-Joke denn auch auf dem Schild übersetzt? Da hatte ich im Kino sofort „nicht übersetzbar“ gedacht. Das habe ich allerdings ziemlich oft gedacht, so dass ich den Film allein deshalb auch mal auf Deutsch anschauen will.