Es ist ja schon ein wenig surreal: In München musste man über Jahre zusehen, wie einer der schönsten Kino-Standorte Deutschlands nach und nach seine Traditionssäle verlor. Letztens machte selbst das pompöse Tivoli oder das altehrwürdige Filmcasino die Pforten dicht. Grund: Gegen die großen Kinokomplexe -in München sind das die von Cinemaxx und Kinopolis- hatten die Independents einfach keine Chance. In den letzten Jahren versuchte man mit Dumpingpreisen oder Mainstream-Ausrichtung an die großen Goliaths anzuschließen – erfolglos.
Dabei hätte man sich vielleicht einfach nur auf seine Stärken besinnen sollen, anstatt mit Panik auf die Konzepte der Multis zu schielen. Kinoflair, wie es heute vielleicht noch das Sendlinger-Tor-Kino versprüht, findet man schließlich im Mathaeser oder Maxx nicht mehr. Die Säle sind schlicht und modern, das Publikum ist jugendlich und trailergeprägt, die Sitze eng. Ich fühle mich dort ehrlich gesagt nur sehr selten wohl und bin daher immer gerne in die anderen Kinos gegangen, die immer erschreckend leer waren. Zu wenig sprachen die roten Samtkinos mit Vorhängen oder Balkonen scheinbar das jugendliche Publikum an – und doch versuchten diese den Spagat zwischen Geschichte und Moderne immer wieder – und verloren dabei.
Da tut es schon fest ein wenig weh, wenn nun statt dessen die Großkonzerne genau das tun, was die Independents über Jahre vergessen, vernachlässigt oder einfach nicht verstanden haben: Sie kaufen die wenigen verbliebenden Traditionspaläste auf und bauen sie zurück zu den Stärken, die sie einmal hatten. Zu der Zeit, als der Kinobesuch noch dem Theater ebenbürdig war und sich betuchtere Menschen nicht vor pickeligen Teenies mit herumwerfenden Popcorn ärgern mussten. Premium-Kino nennt sich das. So geschehen beispielsweise beim Gloria Palast in München.
Dieser wurde 1955 von Ilse Kubaschewski als 114. (!) Kino in München am prominenten Stachus eröffnet. 2004 übernahm dann Kinopolis den wie nahezu alle anderen Indie-Kinos ins Straucheln geratenen Palast – und baute ihn nun zurück zu alter Blüte. Die über 500 Sitzplätze verschwanden. Statt dessen gibt es nun „nur“ noch 192 Ledersessel – mit Beistelltisch und Fußhocker versteht sich. Auf dem Balkon hat man nun außerdem die Wahl, eine Loge zu reservieren – eigenes Sofa inklusive. Die Kleidung gibt man zuvor ganz gutbürgerlich an der Garderobe ab.
Auch das pappige Popcorn an der Selbstbedienung ist passé. Statt dessen serviert einem die Bedienung ein „Apfelpopcorn“ auf Zuruf bis an den Kinosessel – neben vielen anderen Gourmetfreuden, versteht sich. Champagner gibt’s auch. 69 Euro die Flasche. Genauso wie der Luxus im Kino hat auch der Eintritt seinen Preis. Wer den Hobbit in 3D im Gloria auf dem Balkon sehen möchte, zahlt 23,30 € inkl. Vorverkaufsgebühr.
Auch wenn das bei meiner Menge an Filmkonsum weit über meinem Budget ist – irgendwann gönne ich mir da mal einen Aufenthalt!
Foto (c) Kinopolis / Gloria-Palast
Gottlob gibts ja noch das Werkstatt… 🙂