Irgendwie ist das schon ein wenig traurig. Eigentlich hat Gantz alles, was eine gute Anime Serie ausmacht. Interessante Charaktere, eine gute Balance zwischen Action und Storydevelopment, kindliche Frauen mit zu großen Brüsten, Waffen, einen surrealen, Mystery-Plot, zahlreiche Wendungen, Slapstick-Einlagen und ein bisschen Hentai. Schöpfer Hiroya Oku versteht es durchaus, aus diesen Zutaten einen spannenden und nie langweiligen Cocktail zu mixen.
Zur Vorgeschichte:
Der Jugendliche Kei Kurono wird zusammen mit Masaru Kato, den er aus der Grundschule kennt, bei dem Versuch, einem Obdachlosen das Leben zu retten, von einem U-Bahnzug überfahren. Doch statt tot zu sein, finden sich die beiden in einem kleinen Tokioter Apartment nahe dem Tokyo Tower wieder, in dem sie auf eine Reihe weiterer Personen treffen, die ebenfalls gestorben sind. In der Mitte des Raumes befindet sich eine schwarze Kugel, in der eine Person sitzt, die als Gantz bezeichnet wird. Diese Kugel gibt den „Wiederbelebten“ Anweisungen, innerhalb eines vorgegebenen Zeitraums von 60 bis 90 Minuten und eines bestimmten Gebiets, Außerirdische zu töten. Sollte jedoch jemand versuchen das Gebiet zu verlassen, wird automatisch eine an dessen Gehirn anhaftende Bombe gezündet, die den Kopf des Flüchtlings explodieren lässt. (Wikipedia)
Die 26 Folgen des Animes beschreiben nun diese verschiedenen Missionen, die teilweise erfreulich vielseitig sind: Verrückte Lauch-Aliens, riesige Roboter oder lebende Buddha-Statuen wurden durch das Studio „Gonzo“ von surreal bis alptraumhaft in Szene gesetzt. Die Mischung aus gezeichneten Charakteren und (ziemlich simpler) CGI-Technik verstärkt diesen Eindruck noch. Dabei ist Gantz nicht unbedingt auf höchstem Niveau umgesetzt. Die Japaner verstehen es aber einfach wie niemand anderer, mit einfachsten visuellen Mitteln eine Geschichte zu erzählen. Ihr Baukastenportfolio ist riesig und oftmals reichen einfache, zeichnerische Tricks, um ganze Bestandteile des Story- und Charaktersets ohne viel Mühe plötzlich verständlich zu machen. Besonders viel Spaß macht der fließende Wechsel zwischen realer Welt und den surrealen Levels von Gantz, ein wenig eXistenZ lässt grüßen.
Leider spielt Gantz sein Potential dabei nicht voll aus. Zumindest nicht im Anime. Während in der ersten Hälfte der Serie das Beziehungsgeflecht der Charaktere einfühlsam und tiefgründig beschrieben wird, und zunächst das reale Weltbild mindestens des Hauptcharakters Kei Kurono durch eine unerfüllte Liebe zusammenbricht, mit folgenden Ersatzhandlungen dann irgendwie einen tristen Beigeschmack kriegt bis er schließlich nach einer Transformation sogar in Gantz’ Welt zu verzweifeln beginnt, legt die Serie gegen Ende das Augenmerk doch auf zuviel Ablenkung durch Action. Das ist eigentlich schade, denn genau dieser Aspekt bekommt gerade am Ende auch eine charakterliche und gesellschaftskritische Brisanz, zum Beispiel wenn Kurono mit einer anderen Frau Sex hat, nur um seinen Schmerz vor den Augen von Kishimoto zu besänftigen, der Anime nach den tiefen Charakterstudien von Kurono davor dann aber plötzlich keine Lust mehr hat, auf die Gefühle von Kishimoto einzugehen und statt dessen eine Abschlachtorgie als Ausweg sucht. Schade!
Auch bleibt die Serie eine Erklärung zu bestimmten Handlungsmustern gerade der drei Hauptcharaktere, dabei insbesondere die von Kato und des Mädchens Kei Kishimoto schuldig. Vielleicht ist das aber auch ein ganz gewollter Kunstgriff, um mögliche Konstellationen offen zu lassen. Vielleicht liegt es einfach in der konventionsüberschreitenden Natur der Mange-Geschichte, die es sich beispielsweise auch nicht nehmen lässt, auf halber Strecke wichtige Hauptcharaktere abzuschlachten und aus dem Verkehr zu räumen. Oder vielleicht liegt es auch einfach daran, dass ich Frauen nicht verstehe. Wer weiß. Jedenfalls wären mir schon rein aus dramaturgischer Sicht deutlich interessantere Enden eingefallen, als das hier gebotene. Ich war schon froh genug, dass die Tatsache, dass Kishimoto in der realen Welt durch einen Fehler Gantz plötzlich zwei Mal existierte, am Ende zumindest noch mal angesprochen wird – mehr allerdings eben auch nicht. Auch dass die Hintergrundgeschichte des orgasmusleckenden Hundes einfach unterschlagen wird, nehm ich der Serie übel. Da wäre mir so einiges eingefallen. 😉 Vielleicht muss ich auch erst den Manga lesen, der die Geschichte ja wohl noch ein Stück fortsetzt. Ganz zu schweigen übrigens davon, dass nur ansatzweise angedeutet wäre, wer dieser Gantz, von dem alle reden, denn nun eigentlich ist.
All das sorgt am Ende bei mir dafür, dass ich die Serie zwar in vollen Zügen genossen habe und keine einzige Minute dabei langweilig war (das Tempo ist enorm). Aber der emotionale Impact einer möglichen Aussage, das Weiterspinnen möglicher Charakterentwicklungen und des Storyplots oder ganz generell das nachträgliche Mitfiebern bleiben mir dabei verwehrt. Damit kann Gantz nicht in den Gefilden eines Elfen Lieds, Higurashis oder Girl (who leapt through time) mitspielen, auch wenn es zu Beginn noch Chancen gehabt hätte.