Nachdem mir der Beginn der zweiten Staffel von Life On Mars garnicht gefallen hat, bin ich vom Ende ziemlich begeistert. Hätte es die Serie schon während meiner Master-Abschlussarbeit gegeben, ich hätte sie bestimmt eingebaut, weil sie zu sehr schön meine ethische Bewertung der Simulationshypothese unterstützt. Dabei verfolgen die Autoren am Ende eine selbstkonstruktivistischen Ansatz – ganz im Gegensatz zu den zahlreichen Filmen, der späten 90er, die dasselbe Thema beinhalteten: In ‚Matrix‘ oder ‚Dark City‘ wurde noch die Suche nach der Wahrheit und der Ausbruch aus der Scheinwelt propagiert, in ‚eXistenZ‘ resignieren die Teilnehmer bereits und Scheinwelt und Realität verschwimmen zu einer undurchdringlichen Einheit, in ‚The Game‘ wird die Simulation zum ersten Mal bewusst positiv und heilend konnotiert – Life on Mars setzt der ganzen Thematik noch einen ziemlichen Hammerschlag oben drauf – nicht von der Grundaussage her (die orientiert sich stark an ‚The Game‘) sondern von der Art der Durchführung, die allein schon die Kirchen auf die Palme bringen müsste. Nachdem die zweite Staffel (hoffentlich) noch dieses Jahr auf Kabel1 ausgestrahlt werden soll, will ich nicht allzuviel weg nehmen. Selbstkonstruktivistisches ist das Ende in der Hinsicht, dass nicht mehr das objektive Ziel vor Augen ist (wie der Ausbruch aus der Matrix zu Erlangung persönlicher Freiheiten und ‚Wahrheiten‘) sondern die persönliche Gefühlslage. Wo Ted in ‚eXistenZ‘ noch an der Erkenntnis verzweifelt, dass sich die Realität ‚plötzlich nicht mehr echt‘ anfühle, sagt Life On Mars dem Zuschauer eiskalt ins Gesicht: ‚Na und? Was kümmert es dich? Real ist nur das, was Du als echt empfindest. Nur das bedeutet Leben – und nichts anderes zählt.‘ Ich als Kostruktivist würde wohl noch oben drauf setzen: Was ist schon Wahrheit? Wer weiß schon, was von beiden Extrema nun wirklich die Matrix ist? Das musikalische Thema, dass sich durch Folge S0208 zieht ist das übrigens hier relativ unbekannte I Had A Dream (Hörprobe) von Audience. Sehr passend, wie ich finde. Für mich ist diese Entwicklung eines der heißesten Eisen in der Diskussion über mediale Simulation. Angesichts der Kernaussage meiner Masterarbeit stimmt mich die Tatsache, dass Simulation nicht mehr per se pessimistisch und der Durchbruch derselbigen per se ideologisch betrachtet wird, ziemlich zuversichtlich, dass wir hier bald zu einem wichtigen, neuen Diskurs kommen, der Ende der 90er plötzlich versumpfte. Andererseits macht mich diese Tendenz angesichts solcher Ereignisse wie das hier kurz besprochene WTC-Event auch nachdenklich – denn dann sind solche Aussagen wie die von Life On Mars nicht nur eine Spiegelbild unserer Zombie-Seelen (John Carpenter würde wohl jetzt gerne eine Szene von ‚Sie leben!‘ einspielen) sondern auch grundweg gefährlich. Ich denke, das ethische Thema Kontroll(verlust)kompetenz sollte in dieser Debatte einen noch viel wichtigeren Stellenwert einnehmen als ich das während der Bearbeitung der Freizeitpark-Thematik und der damit verbundenen Kontrollsteuerung noch ahnte.