Das Alpamare Pfäffikon am Zürichsee mag vielleicht schon reichlich altbacken sein und sich bei den Rutschenmetern knapp der Therme Erding geschlagen geben – vom Angebot her kann ich mittlerweile bestätigen, dass es der wohl vielseitigste Wasserpark in Europa ist.
Denn wo andere Parks auf kleiner Fläche versuchen möglichst viel Knäuel von der Stange unterzubringen und wo wenig Wert auf Einzigartigkeit oder Abwechslung gelegt wird, wirkt beim Alpamare Pfäffikon jeder Rutschenmeter durchdacht. In anderen Parks wird mit verschiedenen Rutschentypen geworben: Da gibt es eine Turborutsche, dort eine Trichterrutsche, da eine Black Hole und da drüben eine Reifen- oder Kamikazerutsche. Meist ist jede Rutsche beim ersten Mal rutschen durchlebt. Das Alpamare in der Schweiz hingegen macht genau das, was ich für viel spannender halte:
Jede Rutsche hat hier einen Charakter und tatsächlich sowas wie ein bischen Tiefgang – und die dafür ausgewählten Elemente aus Normalen-, Turbo-, Breit- oder Jump-Elementen dienen genau der Verwirklichung seiner Dramaturgie. Keine Rutsche im Alpamare ist nur ein kurzer Thrill – eine Sache, die mich eh meist genervt hat. Turborutschen sind toll – aber wenn sie nur 10 Sekunden dauern, dann ist der Mehrwert schnell dahin. In Pfäffikon hab ich somit gleich einige neue Favoriten gewonnen.
Beispiel: Die Balla Balla ist eine Bodyslide mit immerhin 261 Metern – dauert also entsprechend lange. Wer nun meint, man hat die Rutschenmeter -wie beispielsweise bei der Magic Eye in Erding- durch langweiliges und ewiges Kurvenverlegen gelöst, der täusch gewaltig. Balla Balla beginnt wie eine normale Rutsche, baut dann mit einigen lustigen Schlenkern aber bereits erst Spannung auf. Danach geht man völlig unerwartet plötzlich in einen Turboteil über. Der Durchmesser der Röhre ist enger als normal und man beschleunigt stark. Normalerweise würde man erwarten, sei der Spaß damit beendet. Hier geht die Rutsche aber direkt in ein Black-Hole-Stück über und man rauscht mit hoher Geschwindigkeit plötzlich in ein weiteres Kurvenlabyrinth – nur kurz unterbrochen mit kleinen Lichtern.
Danach spuckt einen die Röhre unerwartet ins Freie und der Durchmesser vergrößert sich plötzlich auf eine Breitrutsche, die man auch mit Reifen berutschen könnte. So kommt nach dem Thrill-Effekt eine kurze Verschnaufpause. Im Aussenbereich sieht man ein Karusell vor sich hindrehen, kurz danach erreicht man einen riesigen Wasserhahn, der Wasser verschüttet. Die Waschanlagen- und Nebeleffekte, die es hier angeblich auch noch gibt, waren bei unserem Besuch leider abgeschalten. Danach wird der Spaß mit einem kleinen Jump in das Auslaufbecken gekrönt.
Sauber – so schaut kreatives Rutschendesign aus. Im Alpamare Pfäffikon gibt es hier nirgendswo einen Reinfall – alle Rutschen haben ihren eigenen Reiz. Sogar der Alpabob, ein Crazy River von Klarer, den ich sonst als Typ nicht so spannend finde, hat hier ein paar kreative, neue Ideen. So teilen sich hier z.B. Rutschenteile und andere Rutschen gehen plötzlich ineinander über.
Weitere persönliche Höhepunkte für mich: Cresta Canyon – eine Rafting-Reifenrutsche, die sich durch den in Deutschland fehlenden Mut bei den Sprungschanzen auszeichnet! Hohe Helixkurven und garantierte Airtime, bei der man beim Jump mit dem Reifen in der Röhre abhebt, haben mich begeistert. Viel gelacht habe ich auch über die Double Bob Splash Pipe – noch so ein merkwürdiges Konzept: Man rutsch sie in Zweierreifen. Zunächst beginnt sie ganz normal wie eine Reifenrutsche, bei der man Alpamare-typsich viel Geschwindigkeit aufnimmt. Dann plötzlich verbaut Klarer seine eckigen (!) Crazy-River-Elemente mitten in die Rutschbahn. Wohlgemerkt ohne Zwischenbecken oder vorheriges Bremsstück. Was folgt: Wildes umher ditschen! Die Idee wiederholt sich ein paar Mal und wird bei jedem Crazy-River-Teilstück heftiger. Eine Flipper-Rutsche! Geniale Idee!
Und natürlich bin ich auch Cobra gerutscht – eine legendäre Bodyslide-Rutsche: Schon lange gingen im Internet Berichte von Brandflecken und zerrissener Badebekleidung durch die Szene. Jetzt hat Alpamare alle Teilstücke ausgetauscht und durch blitzblank polierte, neue ersetzt. Ergebnis: Nach ungefähr 10 Sekunden und nachdem ich begriffen habe, dass die so ein Layout wirklich eiskalt durchziehen, musste ich unweigerlich lachen, während mich die Rutsche mit unfassbaren Wendungen schön fleissig herumwirbelte. Ganz zum Schluss spuckt die Röhre einem dann noch einmal in einen großen Drop, bei dem man unweigerlich abhebt (aber durch den hohen Wasserstand im Auflaufbecken danach in der Regel nicht so hart fällt).
Kurz: Man muss es als Rutschenfan mal mitgemacht und den Verlauf selbst gesehen haben, um es zu glauben. Eine Spülung durch ein verwinkeltes Wasserrohr kommt dem Gefühl vielleicht am nächsten. Verletzungsgefahr sehe ich übrigens aktuell keine. Sicher – man wird viel herumgeprügelt, aber die Rutsche ist zumindest derzeit noch sehr angenehm zu rutschen und man fällt fast nie hart. Da gibt es ohne Zweifel grausamere Exemplare. Auch deswegen macht die Cobra viel Spaß: Sie ist gespenstisch im Layout, aber trotzdem spaßig und gerade noch vorsichtig genug, dass man sie mit ordnungsgemäßen Rutschstil problemlos ein paar Mal rutschen kann, ohne sich etwas anzuschlagen.
Summa summarum: Pfäffikon sieht mich sicherlich mal wieder! Den Preis fand ich für immerhin 11 Rutschen und 1,6 Rutschenkilometer für Schweizer Verhältnisse garnicht so teuer!