Es ist wirklich erstaunlich, wie unterschiedlich die deutsche Berichterstattung über die politischen Änderungen in Ungarn ist. Ich habe jetzt von „Ach! Das ist alles vollkommen in Ordnung, was da läuft, die lenken schon ein!“ bis „Noch ein halbes Jahr und die faschistische Diktatur ist durch“ so ziemlich jede Meinung von „Experten“ gefunden. Wenn ich direkt an der Quelle horche, herrscht eindeutig die negative Meinung vor, dass man die Demokratie eindeutig verloren habe – und im Westen nur noch nicht das ganze Ausmaß der Veränderungen wahrgenommen würde.
Mein Gefühl derzeit ist, dass sich die Europäische Union allein schon durch den Druck der Euro-Krise gar keine Diktatur-Krise leisten kann und deshalb sogar bei der Entdemokratisierung mithilft. Schön still und leise soll das fremde Ei, das man sich ins Netz gesetzt hat, mitgeschliffen werden, damit die Familie ja nicht mißtrauisch wird und über die Integrität der Brüder und Schwestern Nachfragen anstellt.
In dem Zusammenhang fand ich auch dieses Interview mit Paul Lendvai und Krisztina Koenen interessant. Lendavi wollte sein Buch über die aktuelle Lage in Frankfurt am Main vorstellen, nachdem ja in Ungarn jede Kritik am eigenen Land im Keim erstickt wird. Doch selbst auf deutschem Boden ist es Lendavi nicht geglückt, darüber zu sprechen. Es scheint so, als setzt man diesmal alles daran, bereits frühzeitig jeden Funken der Kritik zu verhindern – und das auf EU-Ebene. Das sollte uns allen zu denken geben und zur Wachsamkeit aufrufen.