Wie ich schon ein paar Mal geschrieben habe bin ich überhaupt kein Freund des Internet-Aktivismus, der auf die pauschale Durchsetzung von Ideologien abzielt. Forderungen wie „Nazis raus!“ oder Diffammierungen wie „Aluhut für Ken Jebsen!“ ersticken jede Diskussion im Keim und lösen die Probleme nicht. Sie sind in in der Quintessenz eigentlich ebenso untolerant wie die Untoleranz, die den jenigen Leuten häufig vorgeworfen wird. Ich bin der Meinung, man muss erst mal immer den jeweiligen Menschen sehen und seine Einstellung dann im Diskurs erörtern, entlarven oder mitgehen. Eine Barriere zwischen Ideologien bauen, stärkt im schlimmsten Fall nur beide Seiten, führt aber zu keiner Lösung.
Jon Ronsons Buch „So You’ve Been Publicly Shamed“ fand ich da einen sehr guten Beitrag, weil er endlich das aussprach, was ich immer schon so empfang: Der Internet-Aktivismus in seiner Reinform fungiert häufig nur als Approval-Maschinerie: Kritiker nutzen sie, um sich gegenseitig darin zu bestärken, dass ihre Ideologie die einzig wahre und richtige ist. Anstatt auf die jeweiligen Menschen zu zugehen und für Diskurs zu sorgen ziehen sie nun statt dessen in den Kampf gegen alles, was nicht ihrer Ideologie entspricht. Die verstärkte Masse trifft auf andere Massen – es bleibt ein Schlachtfeld. Und wenn man Pech hat, kann man sogar als Einzelperson auf genau diese Massen treffen (wie das Beispiel unten im Video zeigt). Das ganze empfinde ich als per se undemokratisch.
Wer keine Zeit hat, das Buch zu lesen, der kann sich zumindest mal diesen Vortrag anschauen, in dem Jon Ronson noch einmal in sehr einfachen Worten den Fall Justine Sacco aufrollt und illustriert, wie dieses Phänomen des Internet-Massenaktivismusses in seiner Form als „Shaming“ erwächst – und warum er in dieser Form eigentlich zu unterlassen sein sollte: