So, wieder zurück vom DOK.fest.
Diesmal sind’s „nur“ drei Filme, weil in letzter Zeit echt genug los war. Die meisten haben meine Meinung ja bereits auf Facebook lesen können. Überraschungssieger bei den von mir gesehenen Filmen ist wirklich „Kofelgschroa. frei. sein. wollen.“
Der Dokumentarfilm begleitet die oberammergauerische Band mit dem Namen „Kofelgschroa“ über mehrere Jahre. Vom unbekannten Quartett mit bäuerlicher Langsamkeit bis zum „Durchstarten“auf den hippen Jugend- und Radiosendern Deutschlands. Auch wenn ich mich hier gegenüber Facebook nochmal wiederhole. Ich erwarte mir zunächst eigentlich nur ein klassisches Portrait und erhalte am Ende doch eine unglaublich vielseitige Dokumentation, die über die Band an sich noch weit hinausgeht.
Musik. Philosophie. Kabarett. Humor.
Aber auch Medienkritik, Entschleunigung, Landschaft – immer wieder der Kofel. Immer wieder die Verbundenheit mit Natur. Immer wieder die Treue zu sich selbst. Die Standhaftigkeit – wie ein Berg eben.
Szenenapplaus im Kino als die vier Musiker der Reihe nach die komplette arrogante Medienbranche an die Wand spielen: Unvergessen der Auftritt, wo die vier eine Berliner Radiomoderatorin vollends mit ihrer konsequenten Verweigerung der eigenen Vermarktung verwirren und sich jedes Schubladendenken verbieten. Die Szene schließt für mich wunderschön den Bogen zum Anfang der Dokumentation, wo man vier schräge, teils verkrampft oder verunsichert oder sogar leicht minderbemittelt wirkende Personen sieht. Und die sich trotzdem nichts sagen lassen, selbst wenn die komplette Halle sie ausbuht. Über die Reise, die wir mit ihnen machen, bemerkt man mehr und mehr, wie minderbemittelt aber doch die Welt eigentlich gegenüber diesen Lebenskünstlern ist. Wie schelmisch grinst das ganze Kino-Publikum in sich hinein, als es begreift, dass die Radiomoderatorin ihre spitzfindigen Gäste scheinbar ganz sicher nicht begriffen hat.
Ich glaube ja, die Nervosität der Moderatorin vorgestern im restlos ausverkauften Kino beim Auftritt der Musiker (09:45) kam nicht von ungefähr:
Kurz: Ein Loblied auf das Andersartigsein, auf die Poesie und ein wörtlicher Abgesang auf die regelversessene Gesellschafft mit den mir sehr eingängigen Worten:
„I wui bloß no raus aus Altötting. I wui frei sein.“
… der Untertitel der Dokumentation: „frei. sein. wollen.“
Dass die Erkenntnis ausgerechnet in meiner Geburtsstadt gefällt wird, setzt dem Film für mich die Krone auf (ich denke, es gibt vielleicht sogar kein besseres Altötting-Portrait als diese 2 Minuten im Klassenraum der Musikschule). Ob es anderen auch so geht? Sicherlich nicht. Dafür ist er ohne Zweifel viel zu sehr mit der bayrischen Lebensmentalität verbunden. Mit dem Verschroben sein, dem Grantlhubertum, dem Berg – dem Kofel eben. Ein schöner Film bleibt es trotzdem. Allein schon wegen der mir immer wieder nah gehenden Musik der Kofelgschroarer, die für mich irgendwo zwischen traditioneller Bergmusik und melancholischem Seemanns-Gesang hin und her pendelt. Genau die zwei Extreme, die halt auch mich bewegen (und im Film durchaus auch ihren Eingang finden).
Am Ende bleibt: Minuten langer Applaus. Lauter fröhliche Gesichter. Freibier bis „Geld alle is“. Und einfach nur eine gewisse Form der Wahrhaftigkeit. Schön wars. Danke!