Um ehrlich zu sein, war ich ja immer schon ein ziemlicher Spaßbad-Fan. Eigentlich machen mir Wasserrutschen mindestens genauso wenn nicht sogar mehr Spaß wie Achterbahnen. Wasserrutschen sind im Gegensatz zu Achterbahnen eben nicht ganz passiv. Man hat direkten Bodenkontakt. Man kann die Fahrt mit geschickter Körperhaltung beeinflussen. Keine Rutschpartie gleicht der vorherigen. Und man weiß, gerade bei den extermen Rutschen, am Ende des Tages ziemlich genau, was man gemacht hat.
In der Hinsicht habe ich früher nie so richtig begriffen, warum Wasserrutschen so ein Schattendasein fristen. Das „Rutschen-sind-für-Kinder“-Vorurteil grassierte lange Zeit mindestens genauso übel durch die Welt, wie das Vorurteil, Comics oder Animationsfilme seinen Kinderkram. Während Achterbahnen zu meiner Hochphase (als coaster.de noch kein reines Blog war) immer höher, schneller und extremer wurden und sich im Netz eine immer größer und treuer werdende Community etablierte, gab es bei Wasserrutschen lange Zeit einfach nichts Besonderes zu vermelden. Warum eigentlich? Was spricht gegen den Nervenkitzel auf der Rutsche?
Dabei wäre gerade hier noch mächtig Raum nach oben. Vor 10 Jahren musste ich Wasserrutschen mit Effekten in Bayern noch mit der Stecknadel suchen. Da war es schon was Besonderes, wenn es mal einen Wasserfall in einer Rutsche gab – womöglich sogar noch mit einer Projektion drauf, durch die man durchrutscht. Oder Rutschen mit unterschiedlichen Innenthematisierung. Eine Rutsche, die einen Tauchgang simuliert. Oder den Flug durch einen Sternehimmel. Eine Trichterrutsche. Manchmal war man sogar froh, wenn es irgendwo nur eine einfache Black-Hole-Rutsche mit ein paar LEDs drin gab. Dabei liese sich mit Dramaturgie in Rutschen hervorragend spielen. Gerade optische Täuschungen gehen mir in diesen Rutschen gehörig ab (kam zum Beispiel echt noch niemand auf die Idee, eine Lichterkette an der Decke bei harten Kurven gegen die Kurve zu verdrehen, so dass der Rutscher noch mehr das Gefühl hat, über Kopf zu rutschen?).
Rückblickend betrachtet ärgere ich mich sogar, dass ich die Rutschen nicht noch in meiner Masterarbeit über Erlebniswelten integriert habe. Denn auch als narratives Element fände ich sie spannend. Beispielsweise Crazy-Rivers mit Reifen kombiniert mit Darkrides – wo bleiben sie? Das Ausland hat hier bereits ein paar gute Vorbilder gebracht – aber da geht noch viel mehr. Im Gegensatz zu Achterbahnen, wo die komplette Spannung quasi immer am First Drop verpufft, kann eine Rutsche die Dramaturgie über den kompletten Rutschenverlauf steuern. Eine langsamere Passage für die Einführung eines Monsters, möglicherweise mit transparenten Rutschenröhrern und eine riesige Krake, die sie umgreift. Danach ein langer Drop als Symbol der Fluchtreaktion und scharfe Kurven für das Zick-Zack-Laufen, gepaart mit ein paar kalten Wasserfällen und lautem Gebrüll des Tieres (schreien Kraken)? Klar, banal – aber sowas würde mir Spaß machen. Ich brauch ja nicht unbedingt ein durchrutschtes Haifischbecken (von dem man in der Geschwindigkeit eh nichts mitkriegt) wie in Dubai oder Tenerrifa. Das Galaxy Erding, dass ich nebenbei gesagt für ihre hohe Aktivität und Vorreiterrolle in Deutschland wirklich mag, hatte hier ja auch zunächst gute Ansätze – ist dann am Ende aber leider wieder nur zu einem reinem Rutschenturm verkommen.
Irgendwo kann ich das aus marktwirtschaftlicher Sicht natürlich auch verstehen. Trotzdem: Die Weltraumthematik hätte soviel hergegeben: Eine gute Deko als Raumstation, spacige Musik, eine Black Hole, die wirklich eine Black Hole ist und keine reine Discorutsche, Thematisierung jeder Rutsche mit einer Mission. De facto ist am Ende nur der Name Galaxy geblieben. Erding ist mehr das Six Flags der Bayerischen Spaßparks geworden, weniger das Universal Studios (von Disney will ich jetzt garnicht reden). Ich mein das nicht negativ – aber trotzdem schade, dass für ein ordentliches Theming momentan wohl noch kein Geld da ist. Umso erstaunlicher ist, dass die Faszination an den Wasserrutschen gerade zunehmend zu mir zurück kehrt.
Das hat mit Sicherheit auch was mit der Meldung des Galaxy zu tun, bis zum nächsten Jahr ganze 10 neue Rutschen in den Komplex zu stellen. Wenn man bedenkt, dass man früher Jahre auf eine neue Rutsche warten musste und das Alpamare (als ehemaliger Marktführer) hier seit Ewigkeiten nichts mehr neues gebracht hat, scheint sich der Kampf um die Rutschenrekorde endlich auch in Deutschland einzupendeln. Erst letztes Jahr hat das Palm Beach in der Nähe von Nürnberg ein großes „Space Center“ angekündigt – mit thematisch interessanten Rutschen, darunter auch eine Doppellooping-Rutsche. Natürlich musste das Galaxy da kontern. Auch wenn ich mir die Webseiten der Rutschenhersteller so ansehe, haben alle den notwendigen Umstieg von „Kinder-Attraktion“ in Adrenalin-Kick begriffen.
Himmel, seit meiner Abwesenheit wurde sogar endlich eine Branching-Tube entwickelt. (Und justament jetzt beginnt bei Galileo ein Rutschenbeitrag – Zufälle gibt’s). Die Entwicklung scheint mir jedenfalls in die Richtung zu gehen, die mir vor 10 Jahren noch abging und die dann mit dem Galaxy so langsam eingeleutet wurde: Die Spaßbäder werden aus ihren Winterschlafs aufwachen und sich langsam Gedanken über spannende neue Attraktionen machen müssen. Ich bin überzeugt, dass sich die Investition lohnt – das sieht man ja schon allein an den enormen Besucherzahlen in Erding.
Und dann bin ich letztens doch glatt noch über die Seite Tuberides.de gestoßen. Asche auf mein Haupt, dass ich hier in letzter Zeit so nachlässig war, aber allein die Gründung dieser Seite und die Professionalisierung der Community zeigt, wohin der Hase läuft. Eine wirkliche Empfehlung für jeden, der Rutschenfan ist. Dort gibt es spannende und reich bebilderte Testberichte zahlreicher Rutschen. Und das Besten: Von jeder gibt es ein HD-Video in voller Länge. Ich bin sehr gespannt, was da noch kommt und hoffe als Darkride-Fan insgeheim ein bischen auf Reifenrutschen mit langsamerer Geschwindigkeit und dafür mehr Thematisierung. Natürlich bin ich auch ein Fan von Action-Rutschen, aber ich denke, mit einer spannenden Story und gut eingesetzen Effekten und Dramaturgie könnte man hier sogar nochmal richtig Eindruck machen – und bleibt gleichzeitig familienfreundlich…
(Mini-Video von unserem letzten Erding-Aufenthalt)
na das ist doch einmal etwas…